Nachrufe: Gusti  / Christi  |  Spendeneingang  |  Grabstätte  |  Traueranzeige
 

Walter Dick

22.12.1950 - 30.12. 2002

Walter Dick kannte ich schon, soweit mein Erinnerungsvermögen zurückreicht. Wir haben im Kindergarten zusammen gespielt und sind gemeinsam zur Schule gegangen. Unsere Mütter waren nach Ende des zweiten Weltkrieges beide in die Sowjetunion deportiert worden und seither befreundet. So besuchten wir uns auch privat.

Bei einer Theateraufführung im Kindergarten spielte Walter den Zwerg Pitz und wurde fortan auch Pitzi gerufen.

Da wir den gleichen Schulweg hatten, fuhren wir gemeinsam heim. Mit zunehmendem Alter verlängerte sich dieser Heimweg zusehends. Im Park hinter dichten Büschen versteckt pafften wir die erste Zigarre. Im Bus ärgerten wir die Schaffnerinnen und bei Ausflügen die Verkäuferinnen. Wir stellten uns in der Bäckerei brav in die Schlange und Walter fragte tiefernst: "Haben Sie Seife?" "Natürlich haben wir keine Seife, mein Kind. Wir verkaufen Brot und Kuchen..." Entrüstet drehte sich Walter um und verkündete lauthals: "Hier kaufe ich nie wieder ein! Die Leute haben keine Seife, also können sie auch nie die Hände waschen. Pfui!"

Die Nachmittage verbrachten wir des öfteren auf dem Bolzplatz. Wenn wir - auf dem Weg dorthin - vor seinem Haus anhielten und lauthals "Walter! Walter" schrieen, rief seine Mutter zurück: "Der ist im Park und wühlt im Staub!" Dann wussten wir: Das Spiel lief schon.

In den Pausen war Walter ein verbissener "Bambilici-Spieler". Dieses Münz-Fußball-Spiel am Katheder faszinierte uns dermaßen, dass wir sogar während der Ferien in die Schule gingen und dort stundenlang spielten. Die Putzfrau konnte nicht begreifen, wieso sich Kinder in den Ferien in der Schule aufhielten!?

Die Aufnahmeprüfung zum Gymnasium bestand Walter erst im zweiten Anlauf. Wir beide waren die letzten, die den Sprung noch geschafft hatten. Ein Jahr später, nach der 9. Klasse, verließ Walter unsere Schule. Trotzdem trafen wir uns regelmäßig.

Der Kontakt fand ein jähes Ende, als Walter mit seiner Mutter in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelte.

Bei dem Klassentreffen 1995 in München habe ich Walter zum letzten Mal gesehen. Wir haben uns viel erzählt, und es war ein bisschen wie früher; so, als wäre die Zeit stehen geblieben.

Lieber Walter, ich habe von dir sehr viel gelernt. Wir haben so manchen Bubenstreich miteinander verübt und gemeinsam Lehrer und Spießer geärgert und diese manchmal sogar zur Weißglut gebracht. Wir haben auch gemeinsam Schelte eingesteckt und Strafe geteilt. Ich bedaure, dass wir uns in den letzten Jahren so auseinandergelebt haben. Fremd geworden sind wir uns aber nie. Mir wirst du für immer in Erinnerung bleiben. 
Diese Worte mögen dich auf deinem letzten und längsten Weg begleiten. In Bukarest würden sie jetzt sagen: "Sä-i fie tzärâna usoarä!"

Gusti
Breisach-Niederrimsingen, den 30.12.2002

© 2002,  2003   -   lic21.de  -  23.01.03  -  E-Mail:  info@lic21.de  |  Impressum